Aus der Praxis, für die Praxis

Spielfilm von Christiane Büchner und Tobias Büchner

"Sieh dich nicht um! Schließ deine Tür gut ab! Öffne nie einem Fremden, auch dann nicht, wenn er sich als Milizionär ausgibt!
Heute, hier und jetzt! Eine Anleitung zum Handeln."

In Kuptschino, einem 500.000 Einwohner großen "Wohnmassiv" im Süden von St.Petersburg, werden Wohnungstüren aufgesprengt, verschwinden Möbel, Radiogeräte, geschehen gar Morde. Kurz und gut, allerhand Merkwürdiges geht vor, das die Ruhe der Bürger stört.
Ein kleines Kollektiv, ein Klub, hat sich unter der Losung "In Freundschaft erkennet einander" aktiv und aufklärend diesen Zuständen angenommen. Überzeugt von der eigenen Nützlichkeit patroulliert die kleine Schar regelmäßig im Wohngebiet, verfertigt Wandzeitungen und Lehrfilme und ist jederzeit bereit, Verbrecher auf eigene Faust unschädlich zu machen.


Im Unterschied zu den Zeiten des Sozialismus, als ähnliche kollektive Einheiten nicht nur gefördert, sondern als ordnende Kräfte direkt eingesetzt wurden, ist heute die Existenz solcher kollektiver Freundschaften nicht typisch, eher unsinnig und unangebracht. Der Held des Films widersetzt sich den neuen Regeln der Gesellschaft, indem er alte sozialistische Gewohnheiten bis zur Absurdität wiederbelebt und pflegt. Niemand scheint an der Arbeit des Klubs Interesse zu haben, die Mitbürger sind skeptisch, die Miliz genervt, und die Verbrecher halten sich bedeckt. Die gejagte Kriminalität bleibt ein Phantom. Dennoch wird die Frage einer besorgten Bürgerin, wie sie denn einen guten oder aber schlechten Menschen erkennen könne, eindeutig beantwortet: W Drushbe! In Freundschaft!

"Aus der Praxis, für die Praxis" könnte man als eine dokumentarische Burleske bezeichnen, d.h. alles verläuft der Wahrheit entsprechend und wird dennoch bis zur Metapher konzentriert. Faktisch ist die Geschichte erfunden, ein solcher Klub existiert nicht wirklich. Tatsächlich setzt sich die Erzählung aber aus vielen Fragmenten zusammen, die der neu entstehenden russischen Kultur entnommen sind. Wochenschauen und Lehrfilme aus den 60-80er Jahren sind ebenso Vorlage für das Drehbuch gewesen wie Gespräche auf der Straße, in Schulen und Betrieben, oder Zeitungsnotizen und Fernsehberichte der letzten 2-3 Jahre.

Das heißt, der Film schafft zunächst eine Realität und fügt diese dann, als gäbe es keinerlei Unterschied, in die bestehende Realität Rußlands im Jahre 1995 ein. In diesem Paradox spielen alle Beteiligten eine zweifache Rolle, eine inszenierte und eine naive. Die Darsteller, die ihrem Spiel die persönliche Geschichte nicht verweigern können. Das "Wohnmassiv", das wieder zum Modell getrimmt, jene Hoffnung auf eine schönere Gesellschaft zurückerhält. Und natürlich wir selbst, als filmendes Kollektiv, das im angeeigneten Blick den vergnügten Kommentar, die fremde Sicht, nicht verhehlen will.

CREDITS

Buch und RechercheChristiane Büchner und
Vladimir Chaunin
InszenierungChristiane Büchner
DialogregieVladimir Chaunin
DarstellerFjodor Kerpelew
Evgenij Kiasch
Valerij Smorygo
Natalja Taratuta
Ludmilla Tschestnowa Svetlana Winogradowa Napoleon Zischkewitsch
KameraTobias Büchner
TonH.-J. Middendorf
MontageChristiane Büchner und
Tobias Büchner
MischungPatrick Orth
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